Wer nicht muss, der kann

Daniel_Haeni_1397_webFoto: Stefan Pangritz

 

Interview in der Zeitschrift TAU mit Daniel Häni:

Wer nicht muss, der kann 
(PDF 2 Seiten)

 

Ausschnitt:

cl: Welche neuen kollektiven Strukturen bilden sich durch die Befreiung vom alten Diktat deiner Perspektive nach?

dh: Man könnte sie postfeudalistische Strukturen nennen. Wikipedia ist ein Beispiel. Auch die Open-Source-Bewegung. Man kann auch Facebook dazu zählen, wobei dort nicht alles frei ist. Aber das Prinzip stimmt: Jeder hat eine eigenes Profil, mit dem er sich mit anderen verbinden kann, aber nicht muss. Im Analogen sind es die neuen oder wiedergewonnenen Lebensräume vom Kaffeehaus bis zum Urban Garden. Ich glaube, die beste kollektive Struktur ist das Interesse am Anderen und der freie Blick auf den Bedarf, wo er wirklich ist.

cl: Von Autoritäts- zu Netzwerk-Strukturen. Zusammenarbeit durch Selbstbindung, nicht Fremdbestimmung. Was sind die Herausforderungen, die sich in diesen neuen Strukturen zeigen?

dh: Immer neu herauszufinden, was man wirklich will. Das ist viel Arbeit und braucht Zeit und Disziplin, damit man nicht in der Qual der Wahl erstickt. Es braucht für die Flut der Informationen und Möglichkeiten intelligente, individuelle Filter. Selbstbestimmung ist anstrengend.

cl: Eine größtmögliche individuelle Freiheit der Einzelnen und einen schlanken Staat fordert auch die (neo)liberale Strömung, der viele Wirtschaftstreibende angehören. Zählst du dich dazu?

dh: Nein, überhaupt nicht. Die sogenannte neoliberale Strömung finde ich verheerend. Dieser abgehobene Finanzkapitalismus hat den Blick auf die Menschen völlig verloren. Aber auch Linke gehören dazu, wie etwa der ehemalige Kanzler Schröder in Deutschland. Aus seiner Feder ist dieses menschenunwürdige System von Hartz IV entstanden. Er wollte als Linker zeigen, dass er auch Wirtschaft kann. Was sich so simpel reimt: „Fördern und fordern“ wurde
zum Werkzeug gegen die Menschen.

 

Comments

  1. Wenn ich mit einer 40- Stunden-Woche meine Existenz nicht selbst bestreiten kann, bzw. bei Behörden betteln muss um danach in Altersarmut zu rutschen, bin ich nur nach dem Tod frei. Was ich zu Lebzeiten geben will -danach wurde ich nie gefragt, hätte die Antwort darauf aber gewusst: Ich gebe, was ich habe und das ist nicht wenig. Es ist mehr, als jetzt.

  2. Die Frage ist für mich ob organisierte Arbeit ohne hierarchische Strukturen auskommen kann, aber nur ohne Hierarchie könnte sich der Einzelen wirklich frei fühlen. Eine Antwort auf diese Frage habe ich bisher nicht gefunden. Dem Grundeinkommen stehe ich positiv gegenüber, weil ich denke, dass der Einzelne eine bessere Chance hat sein Talent zu entdecken und selbst zu fördern. Vielleicht ist dann die Bereitschaft größer, sich in ein System einzuordnen.

  3. Existenzkampf und Arbeit sind zwei verschiedene Dinge. Arbeit ist eine schöpferische, kreative, nachhaltige und somit eine vernunftorientierte Tätigkeit, damit jeder einzelne Bürger seine eigene Biographie frei gestalten und erleben kann.
    Da es heute auf der Erde keinen objektiven Mangel mehr gibt, hat der Existenzkampf in der Arbeitswelt nichts mehr verloren. Sämtliche Verwerfungen, die wir heute erleben, ( Armut, Krieg, Terrorismus, Vergiftung des Planeten, usw.. ) haben mit der Arbeit nichts zu tun. Es ist der Existenzkampf, der solche Verwerfungen entfaltet.

    Die ökonomische Macht-Elite wird jedoch mit aller Kraft versuchen, Arbeit und Existenzkampf gleichzusetzen.
    Warum ??
    Weil dort, wo ein Kampf stattfindet, entstehen Verlierer, und nur dort wo es Verlierer gibt, kann materieller Reichtum entstehen. Materieller Reichtum kann man nur erwirtschaften, wenn man seine Mitmenschen in die Armut treibt. Dieser Tatbestand kann man problemlos mathematisch nachweisen.

    Zum ersten Male in der Geschichte der Menschheit wird es mit dem Grundeinkommen möglich sein, Existenzkampf und Arbeit zu trennen.
    Zum ersten Male in der Geschichte der Menschheit wird es mit dem Grundeinkommen möglich sein, dass sich der Mensch tatsächlich von den Tieren unterscheiden kann.

    Sehr geehrter Daniel Häni
    Sie haben Recht, wenn sie behaupten, dass der Mensch mit einem emanzipatorischen Grundeinkommen besser arbeiten kann, weil wir uns dann ausschliesslich auf die Arbeit konzentrieren können und nicht auf den Existenzkampf. Vielen Dank für Ihren Einsatz.

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