SPIEGEL ONLINE: Grundeinkommen in der Schweiz
Daniel Häni und Philip Kovce beim Interview in Hamburg: “Das Grundeinkommen ist weder arbeits- noch leistungsfeindlich, ganz im Gegenteil”
Nun ist der Termin bekannt: Die Schweiz stimmt am 5. Juni 2016 über das bedingungslose Grundeinkommen ab. SPIEGEL ONLINE berichtet ausführlich und führte mit Daniel Häni und Philip Kovce ein Interview:
Auszug aus dem Interview:
Kovce: Um das einmal klarzustellen: Das Grundeinkommen ist weder leistungs- noch arbeitsfeindlich, ganz im Gegenteil. Wir können wesentlich produktiver werden, wenn unsere Existenz gesichert ist. Einkommen ist nicht nur Grundlage zum Leben, sondern auch Grundlage für Leistung. Meine Arbeit wird desto besser, je mehr ich mich mit ihr verbinde. Wer nur arbeitet, um über die Runden zu kommen, kann seine Leistung nicht voll entfalten.
Häni: Für die Arbeitswelt von morgen wird ein bedingungsloses Grundeinkommen zur schieren Notwendigkeit. Die Digitalisierung bedeutet: Was berechnet werden kann, wird künftig von Computern und Robotern erledigt. Für Menschen bleiben nur noch wenige traditionelle Arbeitsplätze. Wir täten gut daran, das jetzt schon zu antizipieren.
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SPIEGEL ONLINE: Sie argumentieren, der Mensch habe ein Grundrecht auf das Lebensnotwendige. Auch in Ihrem Buch sprechen Sie häufig von “Existenzsicherung” – zumindest deutsche Leser werden dabei unweigerlich an Hartz IV denken, dessen Leistungen sich nach dem Existenzminimum bemessen. Wie hoch sollte das Grundeinkommen Ihrer Meinung nach sein?
Häni: Wir lassen in der Schweiz bewusst über keine Summe abstimmen. Es geht jetzt um eine Richtungsentscheidung. Aus unserer Sicht ist eine Höhe von 2500 Franken erforderlich. In Deutschland entspräche das ungefähr 1500 Euro.
SPIEGEL ONLINE: Deutschland zahlt für erwachsene Hartz-IV-Empfänger, die nur davon leben, im Schnitt etwa 500 bis 550 Euro im Monat, inklusive Wohnkosten. Ihr Betrag ist also ein Vielfaches dessen, was in Deutschland als Existenzminimum gilt. Betreiben Sie rhetorischen Etikettenschwindel?
Häni: Nein, Sie müssen nur rechnen können: Ein Hartz-IV-Fall kostet weit mehr Geld, als der Betroffene erhält. Maßnahmen, Überwachung, Verwaltung und nicht zuletzt die Entwürdigung und ihre Folgen kommen uns viel teurer zu stehen.
Kovce: Ein Grundeinkommen soll “ein menschenwürdiges Dasein und die Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglichen”, so steht es im Schweizer Abstimmungstext. Das ist doch das Lebensnotwendige, oder?
SPIEGEL ONLINE: So definiert sich auch das Hartz-IV-Existenzminimum. Was verstehen Sie denn konkret darunter?
Kovce: Es gibt einige Kriterien: Kein Zwang, für Geld arbeiten zu müssen. Die Freiheit, seinen Beruf unabhängig vom Verdienst zu wählen. Die Entstigmatisierung sogenannter Leistungsverweigerer. Nicht zuletzt muss das Grundeinkommen so hoch sein, dass der Einzelne die Bedürfnisse der Anderen in der Gesellschaft überhaupt wahrnehmen kann, weil er nicht mehr ausschließlich mit seinem eigenen Überleben beschäftigt ist. Nur so kann eine arbeitsteilige Gesellschaft ohne Zwang funktionieren. Wenn diese Kriterien erfüllt sein sollen, benötigt ein Erwachsener rund 1500 Euro im Monat.
Häni: Einen rhetorischen Etikettenschwindel, wie Sie das nennen, betreiben jene, die ein Grundeinkommen auf Hartz-IV-Niveau einführen und gleichzeitig alle Sozialleistungen abschaffen wollen. Das ist ein neoliberaler Trick…
Es wurde an einiger Stelle bemängelt, dass ich anonym schreibe. Obwohl das mein gutes Recht ist, schreibe ich jetzt wieder in der ersten Person.
Man kann es drehen und wenden wie man will ein BGE geht einfach nicht auf. Daran ändern auch noch so viele Spiegel und Stern-Interviews nichts. Im Interview sieht man die Verblendung derer, die sich dieses bedinungslose Einkommen herbeiwünschen. Ich gebe Ihnen ein paar Beispiele:
“Schon die permanente und misstrauische Bedürftigkeitsprüfung ist entwürdigend”
Nein, nein, nein! Entwürdigend ist, dass jemand Geld bekommen soll, einfach so, ohne etwas dafür zu tun. Die Könige und Kaiser des Mittelalters hatten kaum Würde, denn ihnen wurde alles einfach so von Geburt an gegeben, und sie mussten nie hart arbeiten. Jetzt soll jeder “sein eigener König sein”: Die Rhetorik zeigt, dass sich die BGEler als Könige sehen, denen viel Geld und Reichtum zusteht. Das ist Grössenwahn, nichts anderes.
“neoliberaler Trick” Sie stellen sich also explizit links, da es gar keinen “Neoliberalismus” gibt. Es gibt nur den Liberalismus.
“Wenn diese Kriterien erfüllt sein sollen, benötigt ein Erwachsener rund 1500 Euro im Monat.” Und dann behaupten sie, dass die 1500 Euro schon in den 500 Euro Regelsatz enthalten seien… Rechnen lernt man in der Schule, normalerweise, wenn man nicht in eine Steiner-Schule gerät, wo man keine rechten Winkel zeichen darf und seinen Namen tanzen muss.
Das Geld ist eben gerade NICHT in den Hartz IV Sätzen enthalten! Das BGE ist um 1000 Euro höher. Noch schlimmer sieht es bei Erwerbstätigen aus: Für sie müssen der ganze Betrag von 1500 Euro neu aufgetrieben werden und kommen sie mir nicht mit dem Steuerfreibetrag: Das ist eine ganz anderer Rechnungsschritt und kann nicht direkt mit der Auszahlung eines BGEs verrechnet werden. Der Steuerfreibetrag sagt, bis zu welchem Betrag Einkommen ich noch keine Steuern bezahlen muss, aber nicht wie viel ich von dem Staat bekomme. Das sind zwei völlig unterschiedlich paar Schuhe. Steuern zahlen ist nicht die Naturstellung des Menschen, deshalb kann auch nicht die Abwesenheit einer Steuer gleichbedeutend sein mit dem Bekommen einer Dividende. Das gilt höchstens bei der Negativen Einkommenssteuer, welche sie ja ablehnen.
“In der Summe bleiben Einkommen und Konsumausgaben gleich”
Wer sagt Ihnen das? Es widerspricht der ökonomischen Logik, von einem Produkt gleich viel zu beziehen, wenn es teuerer wird. Das gilt nur in einer Situation in der, der Überfluss herrscht und sie eine undendliche Budgetgerade haben. Da wir aber auf der Erde leben und alles beschränkt ist, geht die Gleichung nicht auf.
“Es ginge beim bedingungslosen Grundeinkommen darum, dass jeder macht, was er wirklich will”
Ja klar, wenn es keine Gesetze gäbe, würde ich mordend und vergewaltigend durch die Lande ziehen, wie Alexander der Grosse und Tschingis Khan. Leider, oder zum Glück gibt es Gesetze und wir können nicht einfach tun was wir wollen. Wir müssen uns an einen moralischen Grundkodex halten und die Pflicht sich selbst durchs Leben zu bringen ist ein entscheinder Wegpunkt dieser Moral. Es mag schön sein sich die Anarchie und das Schlaraffenland gleichzeitig vorzustellen: Die Tatsache ist, dass wir keines haben, und nicht haben können und zum Glück auch nicht wollen! Es mag altmodisch sein von Moral zu reden, aber ich sage Ihnen: Vielleicht bräuchten wir wieder etwas mehr Moral und Ethik!
Herr Fenner
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