Grundeinkommen erhitzt die Gemüter – Interview mit Daniel Häni

geldbergstaunen_webEine dynamische Geldwelle bei der Ausschüttung von 8 Millionen “Fünferli” auf den Bundesplatz in Bern. Foto: Stefan Pangritz

 

Interview zur Einreichung der Volksinitiative in der Landbote:

Das Thema erhitzt die Gemüter

 

Interview:

Die In­itia­ti­ve «für ein bedingungsloses Grundeinkommen» steht: 126’000 Unterschriften sind zusammengekommen. Ist Ihnen das etwas unheimlich?

Daniel Häni*: Nein, gar nicht. Es ist eine grosse Freude. Aber wir wissen, es ist nur ein Schritt auf dem Weg.

Sie wollten ja vor allem eine Diskussion in Gang setzen über eine Schweiz, in der jede und jeder einfach so Geld vom Staat bekommt. 

Aber nicht einfach so, sondern ganz bewusst ohne Bedingungen – das ist das Entscheidende. Wir leben ja in einer Gesellschaft, in der wir nicht an Mangel leiden. Es gibt alles und fast alles ist jederzeit verfügbar. Es fehlt nicht an Gütern. Was es braucht, ist mehr Selbstbestimmung, Freiwilligkeit und Grosszügigkeit. Es ist bedenklich, wie viele Menschen abgelöscht arbeiten oder rumhängen. Viele haben wie innerlich gekündigt. Demge­gen­über wird das Grundeinkommen eine gesunde Perspektive eröffnen. Die Gegner sagen, dass ein Grundeinkommen faul machen würde. Aber faul wird man, wenn man etwas machen muss, das man nicht will.

War­um schätzen Sie das so ein?

Es gibt auch Umfragen, die diese Einschätzung bestätigen. Viele haben den Mut nicht, etwas an ihrer Si­tua­tion zu ändern, weil sie an der Erwerbsarbeitsabsicherung hängen.

Welche Reaktionen hatten Sie auf der Strasse beim Sammeln?

Ganz unterschiedliche. Es gab Leute, die froh waren, dass sie endlich unterschreiben konnten. Sie sagten, dass sie nun wieder an die Demokratie glaubten. Andere fanden die Idee eine völlige Spinnerei und sagten, ich solle doch arbeiten gehen. Dabei war ich ja an der Arbeit: Ich führte eine demokratische Dienstleistung aus, indem ich Unterschriften sammelte. Das Thema erhitzt die Gemüter, weil es alle betrifft. Es geht um persönliche Fragen.

Eine der Fragen, die breit diskutiert wurde, ist die Finanzierbarkeit. Sie reden von 200 Milliarden Franken, die das Grundeinkommen kosten würde. Die gesamten Steuereinnahmen belaufen sich in der Schweiz laut «Handelszeitung» auf 160 Milliarden Franken.

Die 200 Milliarden sind keine neuen Kosten, die entstehen, sondern es ist das Volumen. Der Vorgang ist so: Die bestehenden Einkommen werden in der Basis durch das bedingungslose Grundeinkommen ersetzt. Mehr Geld ist das nicht. Es ist finanzierbar. Nun fehlt noch der politische Wille.

Die Gegner bestreiten die Finanzierbarkeit allerdings.

Das sagen sie nur, weil sie die Idee nicht gut finden. An der Finanzierbarkeit habe ich keine Zweifel. Klar haben diejenigen, die heute weniger Geld zur Verfügung haben, mit einem Grundeinkommen unter dem Strich mehr. Aber da muss man von einer Investition reden. Die Menschen sollten in der Lage sein, sich zu engagieren. Dann kommt ihr Potenzial zum Zug, man sollte ihnen nicht vorschreiben, was sie machen sollen. Ich rechne mit einer Dynamisierung in der Wirtschaft, der Gesellschaft und der Kultur.

Ein weiteres Argument der Gegner: Wenn man die Arbeit vom Lohn entkoppelt, wird diese entwertet.

Im Gegenteil: Das Grundeinkommen wertet die Arbeit auf. Da die Basis bedingungslos gegeben ist, wird es möglich, sich dort zu engagieren, wo es einem wichtig ist. Es ist ein weiterer Demokratisierungsschritt. Es geht um mehr Mitbestimmung in der Arbeit und Produktion. Das Grundeinkommen ist sowohl sozial, als auch liberal – das gefällt mir daran.

Die Linke ist nicht durchs Band von Ihrer In­itia­ti­ve begeistert. Sie setzen sich lieber für 1:12 oder den Mindestlohn ein. Beissen sich die Initiativen?

Nein. Aber viele der linken Politiker sind fixiert auf den Begriff «Erwerbsarbeit». Sie versuchen, die Rechte an der Erwerbsarbeit zu stärken. Das hat uns im letzten Jahrhundert sicher weitergebracht. Jetzt ist aber die Frage, gibt es nur Erwerbsarbeit oder ist der Mensch mehr als das? Viele merken langsam, dass man den Menschen ins Zen­trum stellen und den Arbeitsbegriff erweitern muss. Das Schwierige ist, die Freiwilligkeit zuzulassen.

Sie sind selber Unternehmer und führen das Café Mitte in Basel. Wie ist dort die Lohnstruktur?

Wir haben immer viele Bewerbungen. Beim Vorstellungsgespräch geht es dann aber in erster Linie nicht um den Lohn, sondern um die Frage, war­um er oder sie bei uns arbeiten will. Wir bewerben uns gegenseitig. Wir schauen die Mitarbeiter als Menschen an und nicht als Kostenfaktor. Die Einkommen bei uns sind durchschnittlich hoch. Bemerkenswert ist in unserem Kaffeehaus mit 60 Mitarbeitern und 1000 Gästen am Tag: Man muss nicht konsumieren. Erst wurden wir deswegen ausgelacht. Mittlerweile ist die Freiwilligkeit die Basis von unserem Erfolg. Der Gast ist bei uns in erster Linie ein Mensch und nicht nur ein Konsument.

*Der 47-jährige Basler Daniel Häni gehört zum Initiativkomitee «für ein bedingungsloses Grundeinkommen». Er führt das Kaffee- und Kulturhaus «unternehmen mitte» in einer ehemaligen Bank in Basel.

Interview: Elisabetta Antonelli

 

Comments

  1. passend zuim Thema passt dieser Artikel:

    http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/martin-wehrle-ueber-die-arbeitswelt-der-globalisierung-a-926817.html

    Das System Arbeit – Arbeitslohn/Erwerb von Lohn ist inzwischen durch die Globalisierung und den für Unternehmen attraktiveren Produktionsstandorten in kostenarmen Regionen aus den Fugen geraten. Es macht die Menschen krank, 3 Jobs sind für viele Normalität – trotzdem reicht es nicht zum Überleben, es muss staatlich bezuschusst werden. Der Versuch einer Selbständigkeit hilft auch nicht wirklich weiter. Es ist die Flucht aus der Arbeitslosigkeit oder Angewiesenheit der Staatsalmosen. Auch als Selbständiger hat man Druck wegen Dumping, Überangeboten von Anbietern, … es ist wie in einem Fischbecken, wo es nur einen Köder gibt.

    Der logik eines Grundeinlommens – bedingungslos – kann niur zugestimmt werden, in der Tat ist es eine Willensentscheidung, ob es Realität wird.

    Die Zukunft verändert ja immer mehr die Quantität und Qualität der Angebote an Arbeit. Das bisherige Modell ist nicht mehr ausbaufähig.

  2. Das Geld liegt auf der Straße – bedeutet doch: Mit gerechter Verteilung des raren Gutes Geld, hat es genügend Nachfrage/Kaufkraft = Angebot und Nachfrage kommen wieder in die Balance! Die Ursache für die zyklischen Wirtschaftskrisen ist die Nachfragekrise. Wer soll noch konsumieren wenn immer mehr Automatisiert wird, die Robotik immer mehr Menschen überflüssig macht?
    http://www.facebook.com/pages/BGE-Roboter-konnen-alles-besser/177235832301157

  3. Ich kann Daniel Häni nur zustimmen und es sind auch meine Erfahrungen die er hier wiederspiegelt.
    Es ist das System was die Menschen krank macht, die Reha Kliniken sind voll. Zeige mir von tausend Menschen zehn die glücklich sind, man wird sich schwer tun die zu finden. Arbeiten um zu überleben, das ist nicht mehr zeitgemäß und es ist Zeit für einen Quantensprung der Menschheit.

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