Grundeinkommen – Ein Denkangebot an jede Bürgerin und jeden Bürger

Gerechtigkeit_2d0b522687Arbeitspsychologe Theo Wehner über Ungerechtigkeit und Frust im Job

 

Interview im Beobachter zur Frage der Lohngerechtigkeit, zur 1:12 Initiative und zur Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen:

Wie viel Lohn für welche Leistung?

 

Ausschnitt zum Grundeinkommen:

Beobachter: Umso spannender, dass wir bald über ein bedingungsloses Grundeinkommen abstimmen werden, das Lohn und Leistung entkoppelt.
Wehner: Eine wirklich revolutionäre Idee! Obwohl ich nicht zu jenen gehöre, die im bedingungslosen Grundeinkommen die Lösung all unserer Probleme sehen. Es wird im Gegenteil auch neue schaffen. Aber es ist ein phantastisches Denkangebot für jede Bürgerin und jeden Bürger und eine Herausforderung für die Arbeitswissenschaft, die wir dringend nutzen sollten.

Beobachter: Worüber sollten wir dringend nachdenken?
Wehner: Interessant ist doch erst einmal die Frage, warum die meisten Leute die Idee des Grundeinkommens vehement ablehnen, noch bevor der Gedanke in der linken Hirnhälfte angekommen ist.

Beobachter: Als Arbeitspsychologe werden Sie dafür eine Erklärung haben.
Wehner: Diese Initiative rüttelt an den Grundfesten unserer Sozialisation. Unsere Erziehung, unsere Ausbildung, ja unser Leben sind geprägt von der Erwerbsarbeitslogik. Wenn wir plötzlich nicht mehr malochen gehen müssten, wären viele von uns heillos überfordert. Die Bedingungslosigkeit ist die radikalste Herausforderung für das Indivi­duum überhaupt; sie lässt keine Ausreden mehr zu. Wir sind nicht darauf vorbereitet, das zu tun, was uns wirklich fasziniert.

Beobachter: Die Gegner sagen, die meisten Menschen würden nur noch auf der faulen Haut liegen.
Wehner: Das ist der zweite wunderbare Effekt dieser Initiative: Sie bringt die kursierenden Menschenbilder und Vorurteile an die Ober­fläche. 80 Prozent der Gegner glauben, mit dem bedingungslosen Grundeinkommen würde niemand mehr arbeiten. Sie selbst natürlich schon. Fragt sich nur: Wer sind denn die 80 Prozent? Solche Aussagen höre ich übrigens von Senioren genauso wie von Jugendlichen.

Beobachter: Was befürchten die Senioren?
Wehner: Ich habe das Thema einmal in ein Seminar in der Seniorenuniversität eingebracht. Da waren alles Leute, die das eigentlich ge­lassen hätten angehen können. Menschen, die von Umwälzungen in der Arbeitswelt nicht mehr direkt betroffen wären. Denkste. Die sagten: Ich habe 40 Jahre gebuckelt, und jetzt kommen Leute mit so einer Scheissidee.

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