Zürich stimmt über ein Pilotprojekt zum Grundeinkommen ab

Am 25. September stimmt die Stadt Zürich über einen Pilotversuch zum bedingungslosen Grundeinkommen ab. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen von David Sarasin im Tagesanzeiger.

Wie soll das Zürcher Pilotprojekt funktionieren?

Die Initiative möchte, dass rund 500 Personen in der Stadt Zürich während 36 Monaten ein bedingungsloses Grundeinkommen erhalten. Die zentrale Frage der Initianten lautet: «Macht ein Grundeinkommen die Menschen faul?» Um das zu beantworten, soll der Pilotversuch wissenschaftlich begleitet und ausgewertet werden. Einer repräsentativen Gruppe von Probanden und Probandinnen mit Grundeinkommen wird eine Vergleichsgruppe ohne Grundeinkommen gegenübergestellt. 

Wie hoch ist der monatliche Betrag? 

Die Initiative schreibt vor, dass das Grundeinkommen mindestens dem sozialen Existenzminimum in der Stadt Zürich entspricht. Ausgegangen wird von 2500 bis 3000 Franken pro Monat. Der ausbezahlte Betrag soll sich danach richten, wie viel Geld die Person aktuell verdient: Wer kein oder wenig Einkommen hat, erhält den vollen Betrag. Wer bereits viel verdient, erhält nur einen kleinen Betrag.

Wer bezahlt den Pilotversuch? 

Für die Kosten soll die Stadt aufkommen. Als Richtwert gehen die Initianten von 15 bis 20 Millionen Franken für drei Jahre aus. Diese Schätzung basiert auf einem Grundeinkommen von 2500 bis 3000 Franken pro Monat und maximal 500 Probandinnen und Probanden.

Wer darf beim Projekt mitmachen?

Ausgewählt werden können alle mündigen und in der Stadt Zürich angemeldeten Personen, die entweder das Schweizer Bürgerrecht oder eine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung besitzen. Laut den Initianten ist ein mehrstufiges, wissenschaftlich begleitetes Bewerbungsverfahren denkbar. Die 500 Personen, die am Versuch teilnehmen, sollen sich aus verschiedenen Einkommensklassen zusammensetzen. 

Wer ist dafür und wer dagegen?

Auf nationaler Ebene wurde das bedingungslose Grundeinkommen im Jahr 2016 mit 23 Prozent Ja- zu 77 Prozent Nein-Stimmen deutlich abgelehnt. Im links dominierten Zürich dürfte das Anliegen mehr Unterstützung erhalten: SP, Grüne und die Alternative Liste empfehlen die Initiative zur Annahme, GLP und Mitte haben Stimmfreigabe beschlossen. Die Bürgerlichen wie auch der Stadtrat sind dagegen. Die Stadtregierung stellt sich auf den Standpunkt, dass Erwerbsarbeit sowohl für die Schaffung gesellschaftlichen Wohlstands als auch für die individuelle Existenzsicherung nach wie vor und auf absehbare Zeit von zentraler Bedeutung ist. Für die linken Parteien stellt das Grundeinkommen eine mögliche Antwort auf aktuelle Herausforderungen wie Automatisierung, Armut und Klimakrise dar.

Wie verliefen andere, vergleichbare Pilotprojekte?

Viel Beachtung fand ein vergleichbarer Pilotversuch in Finnland in den Jahren 2017 und 2018. 2000 Arbeitslose erhielten während zweier Jahre einen Grundlohn von 560 Euro pro Monat. Die Auswertung war zweideutig: Bei den Probanden führte das Grundeinkommen zu mehr Zufriedenheit und mehr Vertrauen in den Staat. Doch das erklärte Ziel der finnischen Regierung, durch das Projekt Erwerbslose in den Arbeitsmarkt integrieren zu können, wurde nicht erreicht. Kritiker bemängelten die zu kurze Laufzeit und die kleine Versuchsgruppe des Tests. In Rheinau scheiterte ein bedingungsloses Grundeinkommen für die ganze Dorfbevölkerung im Jahr 2018 an der Finanzierung. Seither ist es in der Gemeinde im Zürcher Weinland vom Tisch. In Deutschland läuft seit einem Jahr ein zivilgesellschaftlich abgestützter dreijähriger Pilotversuch mit 122 Probandinnen und Probanden.

David Sarasin

Weitere Informationen:
Pilotprojekte Grundeinkommen Schweiz
Verein Grundeinkommen

Veranstaltungen am 31. 8. in der Paulus Akadmie

Medien:
Stern

Comments

  1. @David Sarasin,
    Wie dieses Pilotprojekt geplant ist kann es niemals funktionieren und wird deshalb auch wieder haushoch abgelehnt werden!
    Jetzt müsste doch endlich einmal begriffen werden, dass das sogenannte “bedingungslose Grundeinkommen” kein Sozialhilfeprojekt nur für gewisse Leute ist, sondern der zukünftige “bedingungslose Verbrauchersteuer-Freibetrag” der für alle legal im Land lebenden Menschen ist, der unabhängig von Alter und Geschlecht, von Einkommen und Vermögen gelten wird. Dazu müsste aber erst einmal das gesamte Steuersystem fundamental geändert werden!
    Einmal mehr empfehle ich den grandiosen Film-Essay aus dem Jahr 2008 von Daniel Häni und Enno Schmidt: Grundeinkommen – Ein Kulurimpuls
    https//youtu.be/ExRs75isitw

Leave a comment

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.