Grundeinkommen und die Frau
Das Thema Grundeinkommen berührt viele aktuelle Diskussionen, so auch die Feminismus-Debatte. Diese Woche fand in Bern eine Veranstaltung dazu statt. Hier der Bericht von Sandra Ryf von der Grundeinkommensgruppe Bern:
«Die Utopien von heute sind die Realitäten von morgen»: mit diesem Zitat eröffnete Ursula Python von der Berner Grundeinkommensgruppe am letzten Dienstag die Veranstaltung zum Thema «Bedingungsloses Grundeinkommen – Was bringt es den Frauen?». Auf dem Podium traten auf: Ina Praetorius, Theologin und Mitglied des Initiativkomitees, Sieglinde Lorz, Unternehmensberaterin und Therese Wüthrich, Debattierclub WIDE Women in Development Europe (Bild oben, von links).
Mit Blick auf die Einführung von Frauenstimmrecht, AHV und Mauerfall eine treffende These. Der Abbau aller Geschlechterhierarchien wäre eine nächste Utopie, denn putzen, waschen, Windeln wechseln, Alte pflegen, unbezahlt und oft unter schlechten Bedingungen, tun weltweit immer noch mehrheitlich die Frauen. Ob ein bedingungsloses Grundeinkommen geeignet ist, diese Realitäten zu verändern, darauf gab es auf dem Podium keine einheitliche Antwort. Ich sag’s mal frei nach Erich Fried: Die Ungerechtigkeiten sind vielleicht nicht mit dem Grundeinkommen zu überwinden, aber vielleicht auch nicht ohne Grundeinkommen.
Am kommenden Dienstag geht die Diskussion in Bern weiter, unter anderem mit der Nationalrätin und Sozialarbeiterin Silvia Schenker. Sie sagte einmal, das Grundeinkommen wäre MEHR ALS EINE REVOLUTION. Es wäre ein grundsätzlich anderes Verständnis, wie eine Gesellschaft leben und funktionieren könnte. Es würde einen ganz anderen Ansatz, ein ganz anderes Denken bedingen. Ich frage: Brauchen wir erst mal ein neues Denken, um ein Grundeinkommen einzuführen? Oder bräuchten wir ein Grundeinkommen, um dann erst besser neu denken zu können? Fangen wir doch schon mal mit Denken an, und sammeln wir gleichzeitig fleissig Unterschriften.
Von der Antidiskriminierungspolitik zur postpatriarchalen Weltgestaltung
Das bedingungslose Grundeinkommen ist im Kern ein postpatriarchales Projekt. Denn es fasst Frauen, wie alle Menschen, nicht primär als Opfer von Diskriminierung, sondern als bezogen-freie Gestalterinnen ihres Lebens auf. Anders als herkömmliche feministische Politik will die Grundeinkommensbewegung weibliche Lebensbedingungen nicht durch gezielte «Fördermassnahmen» – Quoten, Lohngleichheitskämpfe, Karriereplanung etc. – verbessern.
Vielmehr will sie eine gesicherte Basis schaffen, von der aus Frauen, Männer und andere in eigener Verantwortung einen neuen Geschlechtervertrag aushandeln werden. Die Hoffnung heisst: Frauen, die ihr Leben unabhängig von den veralteten Modellen «Hausfrauenehe» und «Erwerbsarbeit zur Existenzsicherung» führen können, werden ihre individuellen Fähigkeiten und ihre vielfältigen traditionellen Fürsorgeleistungen so einbringen, dass eine gerechtere Verteilung der Tätigkeiten – vom Kloputzen über die Betreuung älterer Menschen bis hin zu Banking, Forschung, Handwerk etc. – in Gang kommt.
Entscheidend für den Erfolg des Projekts bedingungsloses Grundeinkommen und damit für die laufende Debatte ist es, solche Entwicklungen nicht als «Automatismus» misszuverstehen: Das bedingungslose Grundeinkommen ist kein Wundermittel, durch das sich Missstände «von selbst» auflösen, sondern verlangt nach mündigen, selbstbewussten, konfliktfähigen und einfallsreichen Frauen und Männern. Es erspart uns also nicht ein tiefgehendes Nachdenken darüber, welche Tätigkeiten notwendig und sinnvoll sind und wer sie in welchem Umfang leisten soll. Diese Debatte steht in der Zeit des ausgehenden Patriarchats ohnehin an, welches Modell zur Gestaltung der Zukunft wir auch wählen mögen.
Ina Praetorius, Mitglied des Initiativkomitees
Medienkonferenz am Montag Es ist Halbzeit bei der Unterschriftensammlung. Am kommenden Montag werden wir die Medien über den derzeitigen Stand der Sammlung, die ersten Reaktionen und über die Perspektiven unserer Volksinitiative informieren. Von Seiten der Initiantinnen und Initianten werden dabei Oswald Sigg, Daniel Straub, Pola Rapatt, Anne-Béatrice Duparc und Che Wagner auftreten. Alle Medienschaffenden sind herzlich eingeladen. Zur Einladung. Bereits gestern hat die SRF-Sendung 10vor10 über unsere Initiative berichtet: Im Rahmen eines Beitrags zur «Initiativen-Flut» stand Oswald Sigg in einem kurzen Interview Red und Antwort. Zum Beitrag.
|
|
Daniel Straub & Christian Müller
Ich finde Frauenarbeit gar nicht ungut sondern sehr wichtig und wertvoll. Wenn ich aber emanzipiert sein muss, mich kriegerisch wie ein Mann verhalten und unterbezahlt bin, dann finde ich es schon fast schyzophren. Ausserdem wollen Männer ja auch liebesfähige Frauen, arbeitsame Frauen einfach gratis.
Natürlich nicht alle.
Grüsse Ursula