Faul und frei

Essay von Philip Kovce in atempo:

Faul und frei

 

Ausschnitt:

Woran leide ich, wenn ich es nicht aushalte, nichts zu tun? Ich leide an einer Zwangsstörung. Aufgaben, die wichtig sind, lassen mich frei, sie zu ergreifen. Bewahre ich mir diese Freiheit auch während des Tuns, handle ich frei. Nimmt mich jedoch die Handlung gefangen, da ich mich plötzlich zu ihr genötigt sehe, oder setzt sich gar der Erledigungsmodus fort, ohne dass es etwas zu tun gibt, dann werde ich zum blinden Arbeitsfanatiker, der nichts gut sein lassen kann.
Womit wir bei einer entscheidenden Fähigkeit wären:

Wer frei sein will, muss faul sein können.

Wer frei sein will, muss es aushalten, nichts zu tun und das Nichtstun nicht sogleich wieder zu verzwecken. Doch machen wir uns keine Illusionen: Die Angst vor allgemeiner Faulheit ist vollkommen unbegründet. Faulheit ist nicht mehrheitsfähig. Sie ist eine hohe Kunst der Absichtslosig­keit, die wir seit Jahrhunderten verlernen.

«In der Tat, man sollte das Studium des Müßiggangs nicht so sträflich vernachlässigen, sondern es zur Kunst und Wissenschaft, ja zur Religion bilden!», schreibt Friedrich Schlegel in seiner Idylle über den Müßiggang (1799). Das wirft auch ein interessantes Licht auf die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens: Derzeit subventionieren wir Fleiß auf allen Ebenen, während wir Faul­heit verdammen. Das Grundeinkommen wäre eine Möglichkeit, die Faulheits­diskriminierung zu stoppen und Faulheit dem Fleiß gleichberechtigt gegenüberzustellen. Eine Emanzipation der Faul­heit könnte dazu führen, dass wir ein besseres Gleichgewicht zwischen Fleiß und Faulheit finden und uns von sinnlosen Zwangs­handlungen befreien.

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Comments

  1. wer wie sie ständig von anreizen redet, denkt technokratisch, nicht freiheitlich, und interessiert sich mehr für menschenlenkung als für demokratie.

    entsprechend wenig überrascht, dass sie ständig genötigt sind, die menschen durch die verbreitung von vorurteilen schlecht zu reden, um ihrer autoritären denkart den anschein zu verleihen, überhaupt irgendwie legitimierbar zu sein.

  2. Ein komisches, eigenartiges Menschenbild.
    Ich empfinde die Menschen immer so, dass sie so viel machen wie nötig und so wenig machen wie möglich. Nimmt man jetzt den Faktor “nötig” raus, dann sinkt das “mögliche” auf Null, da es keinen Sinn mehr macht mehr zu machen als Null.
    Die Vorstellung, dass wenn uns die Arbeit ausgeht, wir dann selbst beginnen uns wieder um unsere Alten zu kümmern und wir allerlei wohltätige Arbeiten verrichten werden, ist empirisch wiederlegt. Wenn die Menschen tatsächlich über genügend Kapital verfügen, oder über genügend Kapital zu verfügen glauben, wird dieser zusätzliche Effekt mit einem Hin zu weniger Arbeitszeit kompensiert. Das Altenpflege auch anstrengend ist, wird man sich auch hier auf den Staat verlassen, der die Alten pflegen soll: schliesslich wollen die Grundeinkommensbefürworter ja keine Leistungen abschaffen, wie sie betonen. Die Verfügbarkeit von Ergänzungsleistungen für die Pflege von Alten bleibt also bestehen.
    Werden die Menschen also alle bei Terre des Hommes beginnen zu arbeiten? Nein, sicherlich nicht. Man gehe mal an einem beliebigen Nachmittag in das Unternehmen Mitte und beobachte, was Menschen unter der Woche in ihrer Freizeit tun. Da wird im Internet gesurft, Zeitungen werden gelesen, man trifft sich mit Freunden… kurz es wird gemeinschaftlich konsumiert. Keinen Anreiz finden die Menschen aber für die oft beschwerliche Arbeit der Entwicklungshilfe (-zusammenarbeit). Zudem besteht gar kein Bedarf, dass wir jetzt eine Gesellschaft herausbilden, die 100% im Pflegebereich oder in der Aussenpolitik tätig sind. Wir müssen auch Brot backen, Shrimps importieren und Scherzartikel in der Fabrik herstellen. All dass würde mit einem BGE wegfallen, und wir sind wieder beim Markt, als dem effizientesten Vermittler von Arbeitskräften zu Arbeitsplätzen.
    Noch ein Wort zu der psychologischen Einstellung der Faulheit. “Faulheit” ist per definition ein Wort, das den Zustand beschreibt, dem fernzubleiben oder fenbleiben zu wollen, was man eigentlich tun sollte, aber nicht tut. In diesem Sinne würde tatsächlich eine Verfaulung der Gesellschaft eintreten. Natürlich würden die Menschen auch weiterhin ausschlafen, Videospiele spielen, Bier Trinken und sich mit Gleichgesinnten in der Disco treffen. Natürlich würden die Leute nicht bewegungsfrei zu Hause rumliegen und das Telefon nicht mehr abnehmen, obwohl das durchaus mögliche Folgeerscheinungen des Nichtstuns sein könnten. Man sieht es ja heute im Sozialbereich, was Familien tun, welche von der Sozialhilfe leben und nicht arbeiten. Diese sind oftmals noch frecher im Belegen der Waschküche oder der Inanspruchnahme von Arztbesuchen, als arbeitende Schweizer. Die gehen schon raus und schauen, dass sie ihren Platz im Supermarkt einnehmen können, während sie irgendwelche exotische-ausländische Gerichte einkaufen, trotzdem sind sie faul, da sie sich nicht dem Arbeitsmarkt beugen und ein Leben auf Kosten der Steuerzahler führen.

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