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  1. >Sehr beachtlich übrigens, wie wohlwollend Sandra Maischberger das Thema behandelt und wie offensichtlich sie sich auf Götz Werners Seite gestellt hat. Und das, obwohl man sie eigentlich eher scharf und kritisch kennt und Götz Werner nicht eben den besten Tag erwischt hat…

    Gegen Ende ließ sich in Späths Äußerungen durchaus auch Diskussionsbereitschaft hineininterpretieren, das Wort Grundversorgung kam ihm über die Lippen. Die grundsätzliche Idee eines Grundeinkommens scheint zunehmend in allen politischen Richtungen hoffähig zu werden. Dazu trägt sicherlich bei, dass Werner keine konkreten Beträge mehr nennt und seine Vision mehr als stufenweise zu realisierenden Ansatz denn als revolutionäre Umwälzung verkauft.

    Genau darin liegt aber auch ein schwerwiegendes Problem: Die wachsende Zustimmung und Begeisterung für die Idee an sich, droht tiefliegende Differenzen zwischen den politischen Lagern zuzukleistern. Während Katja Kipping und andere Sympathisanten aus dem linken Lager das Grundeinkommen eher für eine Umverteilung von unten nach oben nutzen möchten, erkennen manche Liberalen die Chance, das Grundeinkommen als Vehikel nutzen zu können, um die Sozialsysteme auf eine minimale Grundversorgung herunterzuschmelzen.

    Bei allzuviel Beliebigkeit in der konkreten Ausgestaltung könnte die Rakete also nach hinten losgehen. Diese Gefahr kann nur gebannt werden, wenn baldmöglichst konkrete Zahlen auf dem Tisch liegen. Die existierenden Studien können nur eine erste Grundlage sein, wir brauchen belastbare und konkret belegte Berechnungen insbesondere über folgende Aspekte:

    – Was kostet der Sozialstaat den Steuerzahler heute? Welcher Anteil davon wird konkret als Transfers ausgezahlt, wie hoch sind die Kosten der Verteilungsbürokratie?
    – Welche Transferleistungen könnten durch das Grundeinkommen nicht ersetzt werden und müssten daher weiterbestehen?
    – Wieviel Geld würde durch den Wegfall bisheriger Sozialleistungen und durch mögliche Einsparungen im Verwaltungsaufwand unter dem Strich zu Verfügung stehen – das wäre dann das Geld, das bei konstanter Staatsquote gleichmäßig auf die 85 Mio. Menschen verteilt werden könnte.
    – Wie könnte eine altersabhängige Höhe des Grundeinkommens sinnvoll abgestuft werden?
    – Welchen konkreten Einfluss hätte ein Grundeinkommen der Höhe x auf die Löhne und Gehälter in den verschiedenen Branchen und für die verschiedenen Positionen?
    – Wie kann ein dynamisches Modell aussehen, das Kosten und Nutzen über einen längeren Zeitraum quantifiziert, insbesondere auch im Hinblick auf die zu erwartenden strukturellen Veränderungen?

    Was die steuerliche Sicht betrifft, wären insbes. folgende Aspekte näher zu beleuchten:
    – Welche Steuerarten könnten zugunsten einer höheren Umsatzsteuer wegfallen, welche müssten weiterhin erhoben werden (Steuern werden ja nicht nur aus fiskalischen Gründen, sondern bisweilen auch zu Lenkungszwecken erhoben)?
    – Wie könnten Abstufungen in der Besteuerung von Grundbedarfs- vs. Luxusgütern sinnvoll ausgestaltet sein?
    – Gibt es ganze Wirtschaftsbereiche, die ebenfalls einem abgesenkten MwSt-Satz unterliegen müssten, um massenhafte Steuerumgehung zu verhindern (z.B. Handwerksleistungen, Gastronomie, haushaltsnahe Dienstleistungen)?
    – Wie hoch wäre demnach der reguläre Umsatzsteuersatz ceteris paribus?
    – Ist der Wettbewerbsvorteil durch günstigeren Export aus volkswirtschaftlicher sowie fiskalischer Sicht quantifizierbar?

    Auch von der betriebswirtschaftlich Seite müsste ein dynamisches Modell entwickelt werden, das Aufschluss gibt über:
    – die zu erwartenden Minderkosten für arbeitsintensive Branchen.
    – die zu erwartenden Mehrkosten für kapitalintensive Branchen.
    – den Anreiz zu vermehrten Neueinstellungen
    – den negativen Anreiz zu zusätzlichem Kapitaleinsatz
    – mögliche Substitutionseffekte
    – mögliche Effekte aus Produktionsverlagerung

    Es ist dies keine abschließende Liste, wenngleich einige der wichtigsten Punkte genannt sind, über die Klarheit herrschen muss. Nur so ist eine so grundlegende Umwälzung für alle Beteiligten kalkulierbar und vorhersehbar. Zu große Unsicherheiten in den grundlegenden ökonomischen Basiszahlen führt sonst zu (möglicherweise ungerechtfertigten) Befürchtungen, die das Grundeinkommen sterben lassen, bevor es den politischen Prozess erreicht hat. Wir wissen doch: im Zweifelsfall befürchten immer alle benachteiligt zu werden. Und schnell wären alle dagegen außer vielleicht den Ärmsten.

    Gehen wir’s an!

    Viele Grüße, Bernd Oliver Sünderhauf

  2. >Interessant war, dass sich in der Runde fast alle einig waren, dass das BG kommen muß und wird. Nur Lothar Späth hatte Bedenken, dass die Schwaben dann doch lieber zu Hause bleiben würden um “im Garde zu arbeide und deren Erzeugnisse zu tausche”, er hat Angst, dass wir dann einen Mangel an hochqualifizierten und differenzierten Leistungsträgern bekämen, wenn jeder das tun kann, was im Spaß macht. Bestimmt hätten einige Branchen Mühe die entsprechenden Arbeitssklaven zu bekommen, das könnte der Volkswirtschaft einiges Kopfzerbrechen bereiten.
    Die Schweiz wäre doch das ideale Experimentierfeld für ein bedingungsloses Grundeinkommen… fangen wir doch im Kanton Basel-Stadt an!

    ag

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